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TSCHERNITZ
Wilsberg: Unser tägliches Brot
Folge 70
Echte Spannung kommt trotzdem nicht auf, obwohl Regisseur Hansjörg Thurn („Die Schatzinsel“,
„Die
Wanderhure“) ein
ausgewiesener
Meister
seines Fachs ist;
seine
früheren
„Wilsberg“-
Beiträge,
darunter auch
„Alles
Lüge“, waren
ausnahmslos
überdurchschnittlich gut. „Unser tägliches Brot“ scheitert dagegen immer wieder an
den Erwartungen, die die Handlung weckt: weil sich große Gesten regelmäßig als ganz
klein entpuppen. Eine typische Szene in dieser Hinsicht ist ein vermeintlicher
Todessturz gegen Ende, der aber bloß zu einem blutigen Knie führt. Handwerklich
bewegt sich der Film allerdings auf hohem Niveau, zumal das Team exakt das gleiche
wie bei „Alles Lüge“ war; die Bildgestaltung mit ihren fließenden Kamerabewegungen,
der sorgfältigen Lichtsetzung und dem Blick für Details (Uwe Schäfer) zum Beispiel
ist ausgezeichnet. Freunde der Reihe werden sich nicht nur über die bittere
Bielefelder Pumpernickel-Backmischung, sondern auch über den winzigen Strandkorb
auf Springers Schreibtisch freuen, eine Reminiszenz an das „Morderney“-Abenteuer
(2018). Dennoch wird die Geschichte ihrem inhaltlichen Anspruch nicht ganz gerecht,
selbst wenn das Autorenduo mit dem „Union-Busting“, der Zerstörung
gewerkschaftlicher Strukturen in großen Unternehmen, ein durchaus relevantes Thema
aufgegriffen hat. Eher unnötig, aber immerhin unterhaltsam ist ein weiterer
Nebenstrang mit Overbeck, der nach 25 Dienstjahren endlich zum
Kriminalhauptkommissar befördert wird und voller Stolz ein neues Büro beziehen
darf. Als ihm der Titel wieder aberkannt wird, kann er einem richtig leid tun, und
wie es Roland Jankowsky gelingt, Mitgefühl mit diesem sich selbst ständig
überschätzenden Kleingeist zu wecken, ist sehr schön gespielt. Auch daran hat Kira
ihren Anteil, weil sich der Polizist in den Szenen mit ihr von einer ungewohnt
fürsorglichen Seite zeigen darf.
Beweise finden ist Wilsbergs tägliches Brot. Aber Beweise beschaffen, damit einem Mitarbeiter Diebstahl nachgewiesen
werden kann, nicht. Doch genau das fordert Fabian Barkland, Mehrheitseigner des gleichnamigen Traditionsbetriebes in
der Pumpernickel-Herstellung, von dem Münsteraner Privatdetektiv. Als Betriebsrat hat Mitarbeiter Tobias Nagel jedes
Recht, für die Arbeitnehmerinteressen einzutreten. Doch damit ruft er Firmen-Anwalt Hartmut Niehoff auf den Plan, der
für Fabian Barkland den unliebsamen Betriebsrat loswerden soll. Auch Ekkis Cousine, Steffi Geller, rückt in Niehoffs
Schusslinie. Schließlich ist sie mit Tobias Nagel nicht nur beruflich, sondern auch privat liiert. Wilsberg stößt bei seinen
Nachforschungen auf die Leiche von Kollege Bernd Freitag, der als Privatdetektiv für Niehoff gearbeitet hatte.
Overbeck kann derweil nicht verhindern, dass sich seine Beinahe-Tochter Kira, die gerade einen Job sucht, kurzerhand
selbst undercover in Barklands Betrieb einschleust, um ihn bei den Ermittlungen in dem Fall zu unterstützen. Und Ekki
rennt die Zeit davon: Um Steffi und Tobias zu entlasten, sucht er ehemalige Opfer, die als Zeugen gegen den Anwalt
aussagen würden. Doch alle Versuche, Niehoff das Handwerk zu legen, laufen ins Leere. Wird Wilsberg Niehoff diesmal
mit seinen eigenen Waffen schlagen?