Abgewatscht: Friedrich Merz startet geschwächt als
Bundeskanzler
«Sie wollten Merz wohl Warnschuss verpassen»
BERLIN CDU-Chef Friedrich Merz ist nach einer Niederlage im ersten Wahlgang der
neue Kanzler.Der designierte Kanzler, CDU-Chef Friedrich Merz, schaffte es erst
im zweiten Wahlgang zum höchsten Amt in Deutschland – eine historische
Pleite. Die Politologen Albrecht von Lucke und Wolfgang Schroeder ordnen die Lage
ein.
Wie überraschend ist die Nichtwahl im ersten Wahlgang?
Schroeder ist zwar überrascht von der Nichtwahl im ersten Wahlgang, betont aber:
«Merz hat keine Gelegenheit ausgelassen, sich unbeliebt zu machen. In
Personalentscheidungen, in inhaltlichen Punkten, in Wortbrüchen, in Bindungen, die
so weder erwartet noch nachvollziehbar sind.»
Was bedeutet dieses scheitern für Friedrich Merz?
Für von Lucke ist es in erster Linie ein deutliches Zeichen aus den eigenen Reihen: «Viele Abgeordnete wollten Merz vermutlich einen Warnschuss
verpassen. Ich glaube, es ging weniger darum, ihn wirklich als Kanzler zu verhindern, sondern um ihm zu zeigen: Du kannst dir nicht alles erlauben.»
Die SPD sagte, dass sie einstimmig für Merz stimmte. Glauben sie das?
Von Lucke geht davon aus, dass beide Koalitionsparteien Abweichler in ihren Reihen hatten. «In der CDU herrscht Unzufriedenheit mit den
Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen.»
Wird Merz nach der Schlappe seinen Kurs anpassen?
«Die geheime Wahl erschwert die Interpretation», sagt Schroeder. Weil die Motive im Dunkeln blieben, fehle Merz die Orientierung: «Deshalb wird er
seinen Kurs wohl kaum anpassen.»
Welche Auswirkungen hat diese holprige Wahl für den Ruf Deutschlands?
Das Bild Deutschlands als stabiler Anker in Europa hat laut Schroeder starke Kratzer bekommen. Die Welt sehe nun: Auch da sind Regierungsbildungen
kein Selbstläufer mehr. «Natürlich gilt Deutschland für viele noch immer als Hort der Stabilität. Diese Stabilität ist aber nicht mehr
selbstverständlich – sie muss mühsam errungen und gesichert werden.»
Rechnen sie mit ähnlichen Verhältnissen wie in den USA?
«Ein Worst-Case-Szenario, ein echter Dammbruch hin zur AfD, ist derzeit kaum realistisch. Immerhin haben 325 Abgeordnete Merz im zweiten
Wahlgang unterstützt – vermutlich auch, um genau ein solches Szenario zu verhindern», sagt Schroeder.
Wie kann jemand, der so unbeliebt zu sein scheint, zukünftig ein Land führen?
Diese Frage, so Schroeder, stelle sich jetzt mit voller Wucht: «Wenn eine Koalition schon beim ersten Schritt nicht in der Lage ist, eine Mehrheit zu
organisieren, wie will sie dann künftig klare Entscheidungen treffen?» Dennoch sieht er auch Potenzial: «Ein solcher Rückschlag kann auch zu Demut
führen. Vielleicht zwingt dieser Denkzettel Merz und seine Partner zu mehr strategischer Abstimmung – und führt am Ende zu mehr Stabilität, als
wenn alles einfach durchgewinkt worden wäre.»
THOMAS SENNHAUSER
Erst Ohrfeige, dann Erleichterung: Der Wahltag
BERLIN Welch ein Wechselbad der Gefühle
gestern für Friedrich Merz! Hier das Protokoll.
9.05 Uhr: Nachdem Bundestagspräsidentin
Julia Klöckner (CDU) die Sitzung eröffnet hat, wird
der erste Tagesordnungspunkt aufgerufen:
Der Bundeskanzler wird gewählt. Die Wahl von
Friedrich Merz (CDU), der sich am Vortag
noch optimistisch gezeigt hatte, sollte nur noch
Formsache sein.
10.05 Uhr: Merz ist im ersten Wahlgang
sensationell gescheitert. Das Ergebnis: 310 Ja-
Stimmen, 307 Nein-Stimmen, eine Stimme ist
ungültig. Neun Abgeordnete haben nicht
abgestimmt. Für die Kanzlermehrheit wären
316 Stimmen nötig gewesen. Union und SPD haben
gemeinsam 328 Sitze – 18 Abweichler hat es
somit gegeben.
10.13 Uhr: Unterbruch der Sitzung. Die
Fraktionen beraten das Ergebnis. Es ist das erste
Mal in der Geschichte der Bundesrepublik,
dass ein designierter Kanzler im ersten Wahlgang
durchgefallen ist.
10.19 Uhr: Die Fraktionen kommen zu Sondersitzungen zusammen. In der Unionsfraktion gibt es laut der «Bild» Ärger über die SPD. Man vermutet
die Abweichler bei den Sozialdemokraten. Die SPD weist den Vorwurf zurück.
11.06 Uhr: Der noch amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt sich nach der SPD-Sitzung angespannt. Er versichert aber, man könne den Schaden
«in Ordnung bringen».
11.20 Uhr: Gerüchte über einen zweiten Wahlgang am Mittwoch sind zu hören.
12.15 Uhr: Merz hält sich mit seiner Familie in seinem Abgeordnetenbüro auf.
12.35 Uhr: Laut der «Bild» schreibt der parlamentarische Geschäftsführer der Union eine Mail an die Abgeordneten. Darin bittet er, für einen
möglichen zweiten Wahlgang am selben Tag bereit zu sein.
14.07 Uhr: Lars Klingbeil (SPD) gibt bekannt: Noch am selben Tag wird es einen zweiten Wahlgang geben.
14.40 Uhr: Die Abgeordneten kehren zurück.
15.18 Uhr: Die Sitzung wird wieder aufgenommen.
16.25 Uhr: Klöckner verkündet das Ergebnis des zweiten Wahlgangs: Merz erhält 325 Ja-Stimmen. Das sind neun mehr als nötig. 289 Abgeordnete
haben mit Nein gestimmt, drei haben sich enthalten. Merz ist damit gewählt.
16.26 Uhr: Merz nimmt die Wahl an. JOB
So viele Millionen Euro hat Friedrich Merz auf SEINEM Konto
Friedrich Merz ist CDU-Chef, Vorsitzender der Unionsfraktion und Oppositionsführer. In der Öffentlichkeit
präsentiert sich gerne als Mann der Mittelschicht. Doch wenn man einen Blick auf sein Privatvermögen wirft, so
passt diese Bezeichnung überhaupt nicht. Wie viele Millionen auf dem Konto von Friedrich Merz liegen, erfährst du
hier.
Geschätztes Vermögen
12
Millionen Euro
Geschätztes Einkommen 2025
1
Million Euro
Geburtsdatum
11. November 1955 (69 Jahre alt) Geboren in
Brilon, Sauerland, Deutschland Nationalität
Deutschland Familienstand
verheiratet mit Charlotte Merz (seit 1981) Beruf
Politiker, Lobbyist, Rechtsanwalt
Kinder
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