Nach Werks-Aus folgt nächste Ungewissheit
Die Lausitz steht vor gewaltigen Herausforderungen. Während Großprojekte wie das Bahnwerk
Cottbus und das Universitätsklinikum Carl Thiem als Leuchttürme des Strukturwandels gefeiert
werden, kämpfen zahlreiche traditionelle Unternehmen ums Überleben. Firmenpleiten und
Standortschließungen prägen zunehmend das Bild der Region. von Dany Dawid
REGION-LAUSITZ. Von der Automobilzulieferindustrie bis zur Glasherstellung: Viele Lausitzer Unternehmen. die über Jahrzehnte
erfolgreich waren, IST Aus. Beispiele wie die Kunstgießerei Lauchhammer, das Glaswerk Altekrüger appelliert erneut an die Politik,
die dramatische Lage ernst zu nehmen.
Der gleichzeitige Atom- und Kohleausstieg, ohne alternative Energiekapazitäten aufzubauen, hat die Energiepreise auf ein Niveau
getrieben, das Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit massiv einschränkt. »Maßgebliche Ursache unseres wirtschaftlichen
Niedergangs ist die gezielte Verknappung und Verteuerung von Energie«, heißt es kritisch in einem Bericht der parteiunabhängigen
Mittelstands-Initiative Brandenburg (MIG).
Deutschlands einzige Solarglaswerk-GMB in Tschernitz ist geschlossen, das Aus kam
am 08. Dezember 2025
Politik kündigt Unterstützung für Beschäftigte an und warnt vor Abhängigkeit von China
Die Glasmanufaktur Brandenburg GmbH (GMB) in Tschernitz, der letzte
verbliebene Hersteller von Solarglas in Europa, hat Insolvenz
angemeldet. Das Unternehmen stand bereits seit längerer Zeit unter
wirtschaftlichem Druck und halle deshalb Kurzarbeit eingeführt. Der
zunehmende internationale Preisdruck. insbesondere durch stark
subventionierte Importe aus China, habe die Lage weiter verschärft.
Wirtschaftsminister Daniel Keller bedauert die Entscheidung und
kritisiert, dass die EU nun »sehenden Auges in eine Abhängigkeit von
chinesischen Produkten« steuere.
»Es ist schwer vorstellbar, dass die Glasindustrie vollständig aus der
Lausitz
verschwindet Alle Bemühungen, diesen wertvollen Industriezweig zu
erhalten, waren nicht erfolgreich. Das ist für die Beschäftigten und
die
ganze Region ein schwerer Schlag«, sagt Spree-Neiße-Landrat Harald
Altekrüger und betont: »Wir werden mit allen Akteuren
zusammenarbeiten, um die Betroffen den in dieser schwierigen Phase zu unterstützen.« So hatten Vertreter aus Politik und GMB verschiedene
Unterstützungsangebote diskutiert und Initiativen zum Erhalt des Standortes ergriffen.
»Unter den jetzigen Bedingungen gibt es keinen Markt für Solarglas aus Tschernitz. Das können weder das Land Brandenburg, noch Gemeinde
oder Landkreis und auch nicht der örtliche EU-Abgeordnete ändern. Zugleich hat Borosil der indische Geselleschafter der GMB, einen langen
Atem bewiesen in der Hoffnung, dass sich innerhalb der EU die Rahmenbedingungen ändern und eine Produktion wieder wirtschaftlich möglich
wird«, so Keller weiter. »Wir werden die Beschäftigten und Tschernitz nicht allein lassen. Die Bundesagentur für Arbeit wird mit viel Einsatz,
die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der GMB in neue Beschäftigungen vermitteln oder ihnen neue Perspektiven aufzeigen. Die
Wirtschaftsförderung Brandenburg wird sich mit Nachdruck für eine gewerbliche Nachnutzung des Standortes in Tschernitz einsetzen,«
Folge 41
Von der LR vom 8.12.2025
Nach Werks-Aus folgt nächste Ungewissheit
Havarie bei der Glasmanufaktur
Havarie bei der Glasmanufaktur
Völlig unvermittelt wurde den Arbeitern am 27. November 2025 nämlich in einem Schreiben offenbart, dass das Glaswerk nicht mehr zu retten ist.
Das im Juli eingeleitete Insolvenzverfahren gilt somit als gescheitert. Offenbar ist der potenzielle Investor kurzerhand abgesprungen. Die rund 220
Mitarbeiter sind bereits seit Montag freigestellt und die offizielle Kündigung soll ihnen noch vor Weihnachten zugehen. So hart dieser Schlag für den
Wirtschaftsstandort und die Region auch ist, wirkt er sich gleichzeitig wohl auch auf den hiesigen Brand- und Katastrophenschutz aus.
Das ist kein Wunder, schließlich hat der Betrieb über Jahre hinweg eine einsatzstarke Werkfeuerwehr aufgebaut. Die dortigen Feuerwehrleute sind
speziell ausgebildet und mit dem richtigen Equipment ausgestattet, um im Havarie-Fall rasch helfen zu können. Wie auch schon im Jahr 2022, als es zu
einem-Bruch der riesigen Schmelzwanne kam. Das auslaufende Glas hatte damals ein Feuer ausgelöst. Zwar wurde die Werkfeuerwehr von weiteren
Wehren aus dem Umland unterstützt, doch dank der Wache auf dem Betriebsgelände war sie als erste vor Ort am Brandherd und konnte den
Löschangriff starten. Doch das Einsatzgeschehen beschränkte sich nicht nur auf das Glaswerk.
„Die Werkfeuerwehr der GMB hat uns regelmäßig auch bei Einsätzen der umliegenden Ortswehren unterstützt", sagt Sascha Erler, Sprecher des
KreisfeuerwehrVerbandes Spree-Neiße. Er bezeichnet die Betriebsfeuerwehr der Glasmanufaktur gar als wichtiges Standbein bei der Sicherstellung des
Brand- und Katastrophenschutzes in der Region.
Die Werkfeuerwehr der GMB in Tschernitz ist nunmehr schon seit 2021 Mitglied des Kreisfeuerwehrverbandes. „Ganz egal, ob gemeinsame Einsätze
oder Übungen - es stets ein gutes Miteinander unter den Feuerwehrleuten war", lobt Erler. Zudem verweist er darauf, dass die Kameraden der
Betriebsfeuerwehr meist auch m den freiwilligen Feuerwehren ihrer Wohnorte aktiv sind.
“Die Werkfeuerwehr hat uns bei Einsätzen der umliegenden Ortswehren unterstützt. - Sascha Erler Sprecher des Kreisfeuerwehrverbandes
Spree-Neiße“
Auch wenn noch nicht geklärt ist, wie es mit der Werkfeuerwehr der Glasmanufaktur weitergeht, sind die bisherigen Entwicklungen doch wenig
vielversprechend. Somit droht wohl auch der .Betriebsfeuerwehr das Aus, was wiederum Konsequenzen für die Absicherung der Region hätte.
„Auch wenn die Ortswehren alles geben, wird uns die fehlende Feuerwehr-Technik der GMB und das fehlende Know-how der Feuerwehrleute durchaus
vor neue Aufgaben stellen." Gleichzeitig versichert Erler aber auch, dass in Sachen Brandbekämpfung nun keineswegs eine Notlage entstehe.
Zweiter Schlag für den Verband
Allerdings sind die Entwicklungen in Tschernitz bereits der zweite Schlag für den Feuerwehrverband Spree-Neiße in diesem Jahr. „Im Januar wurde ja
bereits mitgeteilt, dass die
Glashütte in Drebkau geschlossen wird." Das
Werk in Drebkau gehört zur
Unternehmensgruppe Ardagh Glass Packaging
Deutschland mit Hauptsitz in
Nienburg. Während bei der GMB knapp 200
Leuten ein Job-Verlust droht,
wurden in Drebkau 163 Stellen mehr oder
minder von jetzt auf gleich
gestrichen.
Besonders bitter ist, dass sich
knapp jeder zehnte Mitarbeiter in Drebkau in
einer freiwilligen Feuerwehr
engagiert. „Da viele von ihnen aufgrund neuer
Jobs ins Umland auspendeln, sind
sie im Notfall eben nicht mehr so schnell vor
Ort wie früher", erklärt der
Verbandssprecher. Und eben diese
Befürchtungen hat Erler auch für
die Kameraden der hiesigen Wehren. Zeichnet
sich diese Entwicklung unter
Umständen bereits ab?
Lars Mudra, Amtswehrführer in
Döbern-Land, sagt, es sei dafür noch viel zu
früh. „Das Aus für das Werk
wurde ja erst kürzlich verkündet. Jetzt müssen
wir erst einmal schauen, ob und
wie sich das auf unsere Ortswehren auswirkt."
Er weist jedoch auch darauf hin,
dass die Betriebsfeuerwehr primär für die GMB
im Einsatz ist und das Amt die Verantwortung für den Brand- und Katastrophenschutz trägt.
Der Amtswehrführer ist sich jedoch sicher, dass die Wehren im Umland so gut aufgestellt sind, dass eine flächenmäßige Absicherung weiterhin
gewährleistet werden kann. Und obwohl Sascha Erler und Lars Mudra durch und durch Feuerwehrleute sind, bedauern sie ganz allgemein die nun wohl
unumgängliche Schließung des Glaswerks und den damit einhergehenden Jobverlust von über 200 Arbeitern.